Ehrenmitgliedschaften der DGIM
Im Laufe ihres über 130-jährigen Bestehens hat die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e.V. den Titel „Ehrenmitglied“ über 200-mal an ausgewählte Persönlichkeiten verliehen, erstmals im Jahr 1891.
Eine Ehrenmitgliedschaft in der DGIM zeichnet Menschen aus, die sich durch ihre Arbeit und ihren Einsatz für die Innere Medizin und für die DGIM in außergewöhnlichem Maße verdient gemacht haben. Die Fachgesellschaft würdigt damit jene, die sich über ihre eigenen Interessen, mitunter auch über das eigene Berufsfeld hinaus, für die Belange der Fachgesellschaft und das gesamte Gebiet der Inneren Medizin eingesetzt haben bzw. sich noch einsetzen.
In den Jahren 1933 bis 1945 haben sich in unterschiedlichem Ausmaß auch Mitglieder der DGIM mit der Ideologie des Nationalsozialismus identifiziert und für die Erreichung seiner Ziele aktiv eingesetzt. Dies meint vor allem die Ausgrenzung und Entrechtung jüdischer Kollegen wie auch die übereifrige Selbstauslieferung der Fachgesellschaft an das sog. „Führerprinzip“ im Sinne der Gleichschaltung von Institutionen des öffentlichen Lebens. Die Verfechter dieser Entwicklung haben sich durch ihre Gesinnung und ihre Taten selbst ihrer Ehre beraubt. Umso weniger ist verständlich – und aus heutiger Sicht in keiner Weise zu akzeptieren –, dass ihnen und weiteren vom Nationalsozialismus Belasteten in der Nachkriegszeit die Ehrenmitgliedschaft unserer Fachgesellschaft verliehen wurde.
Die DGIM ist sich dieser – doppelten – historischen Schuld bewusst. Wie andere wissenschaftlich-medizinische Fachgesellschaften hat sie daher in den letzten Jahren große Anstrengungen unternommen, um die aktive Beteiligung ihrer Mitglieder am nationalsozialistischen Unrecht, das Leiden von Opfern und Betroffenen, wie auch den Umgang damit in den Nachkriegsjahren zu erforschen. Im Jahr 2018 wurden die Ergebnisse dieser umfangreichen Forschungsarbeit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht (Ralf Forsbach, Hans-Georg Hofer: Internisten in Diktatur und junger Demokratie. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin 1933-1970. Berlin 2018). Basierend darauf verdeutlicht seit Mai 2020 die Webseite www.dgim-history.de das Geschehen anhand ausgewählter Biografien und fordert damit zu weiterer Auseinandersetzung und Bewertung auf.
Nach eingehender Diskussion, begleitet von einer Beratung durch Historiker, hat der Vorstand der DGIM entschieden, keine früher verliehenen Ehrenmitgliedschaften im Nachhinein abzuerkennen. Dies zum einen, weil Kriterien für eine Aberkennung im Einzelfall unsicher sind, und zum anderen, weil Geschichte damit nicht ungeschehen gemacht werden kann. Es wurden stattdessen – soweit möglich – die Namen der Ehrenmitglieder mit Links versehen, die den Weg zu biografischen Informationen weisen. Auf diese Weise kann anhand der historisch belegten Tatsachen versucht werden, das Ausmaß persönlicher wie institutioneller Schuld nachzuvollziehen. Ebenso kann man Näheres über unbelastete und verfolgte Ehrenmitglieder erfahren.