Rudolf Virchow
Prof. Dr. med. Rudolf Virchow, geboren am 13. Oktober 1821 im pommerschen Schivelbein (Swidwin), war ein sozialpolitisch engagierter Pathologe, der sich auch mit Fragestellungen der Anthropologie, Ethnologie und Vorgeschichte wissenschaftlich befasste. Er prägte in Berlin Medizinische Fakultät und Universität als Dekan und Rektor. – Obwohl Fleischermeister und Landwirt konnte Virchows Vater Carl dem Sohn kein reguläres Studium ermöglichen. Rudolf wich auf das „Medicinisch-chirurgische Friedrich-Wilhelm-Institut“, die sogenannte „Chirurgische Pépinière“, aus. Sie kooperierte eng mit der Berliner Medizinischen Fakultät sowie der Charité und ermöglichte es ihren Studenten, sich auf Staatskosten zum Militärarzt ausbilden zu lassen. 1843 wurde Virchow bei Johannes Müller promoviert („De rheumate praesertim corneae“), als Unterarzt an der Charité angestellt und 1846 dort Prosektor. Im Jahr darauf habilitierte er sich und gründete mit Benno Reinhardt die pathologische Fachzeitschrift „Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie und für klinische Medizin“, allgemein „Virchows Archiv“ genannt. Von den sozialen Ursachen der Typhus-Ausbrüche in Oberschlesien überzeugt, forderte Virchow Reformen im öffentlichen Gesundheitswesen und im Medizinstudium. Auch aufgrund seiner politischen Haltung wechselte er 1849 als Leiter der Pathologischen Anatomie nach Würzburg, kehrte aber 1856 nach Berlin zurück, wurde mehrfach Dekan und 1892/93 Rektor der Berliner Universität. Von Empirie und Datenerhebung geleitet, entwickelte er die „Cellularpathologie“ (1858), nach der die Zellen mit ihren unterschiedlichen Funktionen den gesunden wie den kranken Körper als „Zellenstaat“ prägen. Parallel wandte er sich - von der Schädelforschung angetrieben - Anthropologie, Urgeschichte und Ethnologie zu, deren Fachgesellschaft er 1869 mitbegründete. Er riet Heinrich Schliemann zur Aufbewahrung seiner in Troja gemachten Funde in Berlin (1881), gestaltete die Berliner Museumslandschaft mit und gründete 1899 das heutige Medizinhistorische Museum der Charité. Seine sozialen und linksliberalen Einstellungen trugen maßgeblich zu konkreten gesundheitspolitischen Veränderungen bei, so dem Bau von städtischen Großkrankenhäusern, von Markthallen und Schlachthöfen mit Trichinenschau, von Wasserleitungen und Kanalisation. Der Bismarck-Gegner Virchow war über Jahrzehnte Angeordneter des Preußischen Abgeordnetenhauses und des Reichstags. Der Vater von sechs Kindern starb am 5. September 1902 in Berlin. Seine Grabstätte auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof in Berlin-Schöneberg ist erhalten. Obwohl Virchow mit dem wissenschaftlich traditionell orientierten DGIM-Mitbegründer Theodor Frerichs manchen Konflikt ausfocht, beschloss der Ständige Ausschuss 1891, Virchow zum ersten Ehrenmitglied der internistischen Fachgesellschaft zu ernennen.