Menschen bei der DGIM: Dr. med. Friederike Lutz

Es gibt Menschen bei der DGIM, die sich seit Jahren in der Fachgesellschaft einbringen. Sie tun es ehrenamtlich, nach Feierabend, in ihrer Freizeit. Diesem Engagement ist es zu verdanken, dass die DGIM heute die größte Fachgesellschaft Europas ist. Wir stellen diese Menschen in unserem DGIM aktuell Newsletter vor. Heute: Rheumatologin Dr. med. Friederike Lutz, die sich im Ausland ehrenamtlich um die Ärmsten der Armen kümmert.

Friederike Lutz hat in der ersten Corona-Welle nach zwei Facharztausbildungen und neun Jahren Klinikalltag das Hamsterrad, wie sie sagt, verlassen. Von jetzt auf nachher hat sie in ihrer Münchner Klinik gekündigt, um völlig neue Wege zu gehen: den Ärmsten in der Welt zu helfen. „Zunächst war diese Entscheidung sehr frustrierend, denn viele Organisationen hatten ihre Projekte damals auf Eis gelegt. Der von mir geplante Tropenmedizinkurs wurde abgesagt und damit auch erst einmal überhaupt die Möglichkeit, mich zum Beispiel bei ‚Ärzte ohne Grenzen‘ bewerben zu können“, erinnert sich die 38 Jahre alte Internistin und Rheumatologin. Dann aber tat sich die Möglichkeit für einen Einsatz im Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos auf, wo tausende Geflüchtete unter schlimmsten Bedingungen in Lagern leben.

Zutiefst erschütternd waren für Friederike Lutz die tiefen Traumatisierungen der Geflüchteten, die sich in zahlreichen psychogenen Anfällen zeigten – und die Tatsache, dass sie im Lager nun eine Verlängerung ihres Leidens erleben mussten. „Bei dieser Arbeit ist es ganz wichtig, dass man jeglichen Ansatz von ‚die Welt retten‘ ablegt“, sagt sie. „Man muss sich damit zufriedengeben können, für den Augenblick etwas Kleines zu verbessern – und z.B. auch aushalten, dass man einerseits mit knappen Ressourcen auskommen muss, mit vielen administrativen Hindernissen, und mit der Tatsache, dass kulturelle Diskrepanz das Arzt-Patienten-Verhältnis nicht gerade einfacher macht. Solche Rückschläge dürfen nicht entmutigen.“

Bei der Frage, was sie motiviert, muss Lutz nicht lange überlegen. „Bei mir ist es – so rührselig das auch klingen mag – die Liebe zum Menschen“, sagt sie, „aber auch die Neugier auf fremde Kulturen.“ Die Jahre im Ausland hätten ihren Horizont ungemein erweitert und ihr schonungslos aufgezeigt, dass es pures Glück und kein eigener Verdienst sei, im privilegierten Deutschland aufzuwachsen und zu leben.

Nach vier Monaten auf Lesbos absolvierte Friederike Lutz dann doch einen Tropenmedizinkurs und fuhr mit ‚German doctors‘ nach Kenia. Es folgte ein sechsmonatiger Einsatz im Libanon mit ‚Ärzte ohne Grenzen‘, wo sie unter anderem syrische und libanesische Kinder mit Diabetes mellitus Typ I betreute. „Wir mussten ihre Insulintypen umstellen, da Pens kurzfristig nicht mehr verfügbar waren. Es war unfassbar schön zu sehen, wie ein bisschen einfaches Insulin Kinder wieder zurück ins Leben bringt und ihnen zumindest Hoffnung auf ein einigermaßen gesundes Leben gibt, und wie viel man auch durch Schulung und Aufklärung über die Erkrankung erreichen kann“, erzählt die Ärztin. Oder zu sehen, wie die bitterarmen Eltern ihr letztes Hemd gaben, um ihren Kindern gesundes Essen zu kaufen und gut für sie zu sorgen. Generell hat sie der Familienzusammenhalt dort sehr beeindruckt. Besonders ans Herz ging ihr aber auch die zunehmende Anzahl der libanesischen Patienten, die aufgrund der anhaltenden Wirtschaftskrise immer mehr in die Armut gerissen werden. „Sie waren medizinische Versorgung auf fast deutschem Standard gewöhnt, haben jetzt aber einfach nichts mehr und kamen immer mit großer Scham in unsere Kliniken“, erzählt Lutz.

Jetzt ist die Rheumatologin erst einmal wieder eine Zeit lang in Deutschland. „Ich brauche Kontakt zu meinen Wurzeln. Ich habe eine wunderbare Familie und Freunde – so sehr sie für mich da sind, so sehr möchte ich auch für sie da sein. Außerdem waren meine Einsätze, bis auf den bei ‚Ärzte ohne Grenzen‘, alle unentgeltlich. Das muss ich nun wieder ausgleichen und dabei habe ich gemerkt: Die Rheumatologie fasziniert mich nach wie vor!“

Wer ebenfalls Interesse an einem solchen Engagement hat, kann sich gerne an Friederike Lutz wenden. Sie ist seit 2016 Teil der AG Junge DGIM und hilft dabei, auf dem DGIM-Kongress das „Forum Junge DGIM“ mitzugestalten. Sie steht aber auch als Ansprechpartnerin für interessierte Ärztinnen und Ärzte der Jungen DGIM zur Verfügung. „Es gibt viele Möglichkeiten sich im Ausland zu engagieren – Organisationen wie ‚German doctors‘ oder ‚Ärzte ohne Grenzen‘ sind im Internet ausgiebig vertreten. Bei den kleineren NGOs hilft oft ein bisschen Internetrecherche – ich glaube am besten ist es aber, jemanden zu fragen, der schon unterwegs war“, empfiehlt sie. Es gehöre viel Mut dazu, das Hamsterrad zu verlassen. Aus ihrer Erfahrung kann sie jedoch raten: Die Arbeit kann unglaublich bereichernd sein.

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